Moralische Entwicklung  -  (Just Community)  -  Kohlberg
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Unserer Gesellschaft gerecht werdend muss Pädagogik
> die Bedingungen der Möglichkeit von Mündigkeit und Demokratie ergründen und erkunden, sie überzeugend inszenieren und gelingend erlebbar machen.
Wenn es also - anders ausgedrückt - Aufgabe der Pädagogik ist,
> all die Zusammenhänge zu erforschen, die den Weg hilfreich begleiten können, wie aus noch kleinen unmündigen Menschen mündige Erwachsene werden, die unser demokratisches Gemeinwesen aktiv unterstützen und fortentwickeln,
dann stellt sich im Blick auf das Thema Kohlberg die Frage, was die Theorie der Moralentwicklung mit Blick auf Just Community hierzu Zielührendes beitragen kann.


Pädagog*innen betrachten Kohlbergs Theorie, weil sie denken, dass eine demokratische Gesellschaft verantwortlich mündiger Individuen eine Moral benötigt, die einerseits die Einzelnen in die Moralentwicklung mitbestimmend einbezieht, sie andererseits aber auch erfolgreich einbindet. Denn einerseits sind Regeln ohne Bindungskräfte in sich sinnlos und andererseits entfalten ohne Mitbestimmung erstellte Regeln in Demokratien keine Bindungskräfte. Nur in autoritären Systemen werden die Regeln nicht von denen gemacht, die sie letzten Endes betreffen.

Kohlberg legt dar, wie der Mensch Schritt für Schritt in die Welt der Regeln überzeugt integriert werden kann, so dass er am Ende einen festen eigenen moralischen Standpunkt gewonnen hat, der einerseits zur Folge hat, dass er die aktuellen gesellschaftlichen Regeln loyal einhält, was aber nicht heißt, dass er sie andererseits nicht kritisiert und ggfs. auch dafür kämpft, den noch gültigen gesellschaftlichen Moralkonsens fortzuentwickeln. Nur dieser konstante Einbezug in die Regel- und Moralentwicklung gewährleistet nach Kohlberg in Demokratien den Erhalt der Bindungskräfte, ohne die gemeinsame Regeln bei den Einzelnen keine Wirkung entfalten könnten.

Kohlberg beschreibt diesen Prozess, in dem sich das Verhältnis derjenigen, die in sich die Regelfingung einklinken, in sechs Stufen entwickelt. An den Stufenübergängen treten typische Dilemma-Situationen auf, an denen erfahrbar wird, wie sich das moralische Urteil in der nächsten Stufe gedanklich strukturell fortentwickelt.

Zum Gelingen einer solchen moralischen Entwicklung legt Kohlberg das Just-Community-Schulkonzept vor. Dieses legt prakstisch dar, wie der o.g. Entwicklungsprozess in Schule gelingend umgesetzt werden kann. Kerngedanke dieses Konzeptes ist, dass theoretisches Erkennen einerseits und gelingendes Erleben andererseits miteinander in Einklang stehen müssen. Denn es macht wenig Sinn, nur die Gedankenakrobatik der Dilemma-Diskussionen in sechs Stufen trocken intellektuell vorturnen zu können, ohne sich selbst so auch moralisch überzeugen und in den aktuellen moralischen Konsens einbinden zu lassen.

Insofern ist hier beim Thema Kohlberg auch von der Just Community die Rede, obwohl dieser Aspekt aus den inhaltlichen Vorgaben, den sogenannten inhaltliche Fokussierungen für die Abiture 21/22 gestrichen wurde (s. auch Vorgaben 21/22 vs. 23/24). Dieser Aspekt des demokratischen Gelingens wird zwar im Abi 23/24 mit Janusz Korczaks demokratischer Waisenhausorganisation und seiner Pädagogik der Achtung nicht völlig ausgeblendet, aber es fällt schon auf, dass die Gedankenakrobatik der Dilemma-Diskussionen in 6 Stufen gelernt werden soll, während die die Bedingungen ihres Gelingens aus dem Focus gerückt werden. Das geht nicht wirklich zusammen mit hier eingangs genannten Aufgabe der Pädagogik, die Bedingungen der Möglichkeit von Mündigkeit und Demokratie nicht nur zu ergründen, sondern auch zu erkunden, zu inszenieren und gelingend erlebbar zu machen.

Dennoch muss man zugestehen, dass der Lehrplan damit ehrlicher geworden ist. Denn diejenigen, die die Inhalte für Schüler*innen als zu lernende festlegen, müssten konsequenter Weise ihre Schule auch als Just Community organisieren. Das tun sie aber nicht, wie es nicht nur in NRW für alle Schüler*innen täglich erlebbar ist. Dann ist schon ehrlicher, das Just-Community-Konzept zu streichen.

Lehrer*innen sollten angesichts der o.g. Aufgabe der Pädagogik diese böse Spiel allerdings nicht mitspielen, die Just Community nicht ausblenden und mit Korczak-Thema verbinden
Stufenkonzept

Stufentabelle

Dilemma-Situationen

Just-Community

JC und Gewaltenteilung

Entwurf einer demokratischen
Schulverfassung

im
Vergleich mit
Just-Community


Heitmeyer und JC

Mead und JC

Wesentliche Vernetzungen mit anderen Themen:

Korzcak: Die Pädagogik der Achtung von Januzs Korczak, die Schüler*innen als Subjekte der Begegnung und nicht als Objekte der Prägung begreifen macht praktisch gelingend und theoretisch glasklar, was Bedingungen der Möglichkeit von Mündigkeit und Demokratie sind, wie diese inszeniert und gelingend erlebbar gemacht werden können. Was beim Kohlberg-Thema ausgeblendet wurde, taucht hier - wenn auch in historisch fernen Waisenhäusern und nicht direkt als Schulkonzept - deutlich wieder auf und sollte so von allen Lehrer*innen auch in den Blick gerückt werden. Tun sie es nicht, dann greift ein!

Mead:
Von Mead her gedacht ist bei Kohlberg die praktische Inszenierung eines in Schule gelingenden demokratischen Identitätsentwicklungprozesses interessant. Denn Mead beschreibt diesen Prozess auf kommunikations- und rollentheoretischem Hintergrund und zeigt, wie ein demokratisches SELF im Wechselspiel von ME und I als mitbestimmender GAME-Akteur ins demokratisch gesellschaftliche Rollenspiel integriert wird.

Heitmeyer/Rauchfleisch: Von Heitmeyer her gedacht ist bei Kohlberg die erfolgreiche Entwicklung eines moralisch Mündigen interessant, der diese Mündigkeit in einer demokratischen Schule erlebend erlernt und so gesellschaftliche Integration erlangt. Heitmeyer beschreibt dazu aus sozialpsychologischer Sicht nicht den Prozess gelingender Integration, sondern den entgegengesetzen Prozess der Desintegration, wie er an Wegen in die Jugendgewalt nachvollziehbar werden kann. Rauchfleisch beschreibt die gleiche Fehlentwicklung aus aus psychoanalytischer Perspektive. So wird auch für die Meadsche Perspektive klarer, wie groß die Abstände zwischen theoretischem Ideal und rauher Wirklichkeit sein können.

Piaget:
Von Piaget her gedacht sind bei Kohlberg vor allem die Stufen der Moralentwicklung und weniger das Just-Community-Konzept interessant. Piaget geht es generell um die kognitive Entwicklung des Menschen. Piaget beschreibt, wie aus einem Säugling, der zunächst nur aus angeborenen Reflexen heraus aktiv wird, nach und nach ein gezielt Handelnder wird, der sich wie ein Forscher im Wechselspiel von Assimilation und Akkomdation, man könnte auch sagen mit der Methode von Trial & Error die Wirklichkeit und die in ihr waltenden Gesetze erobert. Piaget hat dabei vor allem Naturgesetzliches im Blick. Das zeigen seine Versuchsanordnungen deutlich, die immer wieder das Kind in der Auseinandersetzung mit den Dingen der Welt zeigen. Den Einfluss etwa, den ein grimmig blickender Versuchleiter auf das Versuchskind haben könnte, hat Piaget nicht im Visier. Das Eingewobensein des Denkenden in die gesamte bedachte Situation ist nicht Piagets zentraler Fokus und so sind Verbindungslinien zur Just Community nicht wirklich zu ziehen.

Klafki: Von Klafki her gedacht ist die zentrale Bedeutung des Just-Community-Konzeptes, das vor allem die demokratische Struktur der Schule in den Blick nimmt, interessant. Denn der Kolbergsche Aspekt ist ja, dass Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs- und Solidaritätsfähigkeit nur in einer Lernpraxis erreicht werden können, die die Lernenden demokratisch so involviert, dass das Gelernte gleichzeitig auch das eigene Leben gelingend prägt.

Interkulturelle Bildung: Von der Interkulturellen Bildung her gedacht ist bei Kohlberg das Just-Community-Konzept interessant. Denn an ihm wird auch für die interkulturellen Bildung Typisches deutlich, dass nämlich die Bereitschaft, theoretisch hergeleitete elementardemokratische Fähigkeiten im Leben wirklich anzuwenden, nur dann erfolgreich erreicht werden kann, wenn dieses Lernen in einer entprechend gelingenden Praxis erfolgt. Wissen und Können sind demokratisch ohne entsprechendes Wollen nichts.

Erziehung im Nationalsozialismus: Der Alltag der Kinder und Jugendlichen in HJ und BDM spiegelt eine Erziehungspraxis, die als das Gegenteil von dem identifiziert werden kann, was z.B. die Just Community praktisch ausmacht oder das, was in den hier genannten Theorien Kernziel ist.


Korczak





Mead




Heitmeyer / Rauchfleisch




Piaget




Klafki



Interkuturelle Bildung



Erziehung im
Nationalsozialismus



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